Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V.
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und Globale Gesundheit e.V.
 
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Impfrisiko / Aufklärung

Anwendung (Applikation)

Impfungen werden in der Regel intramuskulär (i. m.) oder subkutan (s. c.), in Ausnah- mefällen auch oral, intrakutan (i. c.) oder intranasal appliziert. In jedem Fall sind die Herstellerangaben zu beachten. Eine intravasale Injektion ist unbedingt zu vermeiden. Für die intramuskuläre Impfung ist der Musculus deltoideus die bevorzugte Impf- stelle. Wenn nicht ausdrücklich vom Hersteller abgeraten wird, kann auch mehr als eine Impfung simultan intramuskulär in den M. deltoideus geimpft werden, es sollte dann aber ein Abstand von mind. 2 cm eingehalten werden. Ist dieser Muskel unzurei- chend ausgebildet, z. B. bei Säuglingen und Kleinkindern, wird die Injektion in den M. quadriceps femoris, Vastus lateralis (anterolateraler Oberschenkel) empfohlen, da an dieser Stelle die Gefahr von Gefäß- und Nervenverletzungen gering ist. Stehen mehrere parenterale Impfungen zum gleichen Termin an, sind sie an unterschiedlichen Stellen zu injizieren. Sofern verfügbar, sind Kombinationsimpfstoffe zu verwenden. Keinesfalls dürfen Impfstoffe in der gleichen Spritze gemischt werden.

Impfrisiko

Jede Impfung ist mit Risiken verbunden, die als sog. "Unerwünschte Arzneimittelreaktionen (UAR)" auftreten können. Der Übergang von einer normalen "Impfreaktion" mit leichten Lokal- und Allgemeinerscheinungen zu echten "Nebenwirkungen" ist fließend. Schwere UAR nach Impfungen sind äußerst selten. Wenn sie über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehen, sind sie nach § 6 Abs.1, Nr. 3 IfSG meldepflichtig. Formulare sind beim Gesundheitsamt oder über das Paul-Ehrlich-Insitut erhältlich. Vor der Impfung muss der Impfling über derartige UAR aufgeklärt werden. Der Hersteller hat den Arzt in der Gebrauchsinformation über alle bekannt gewordenen Nebenwirkungen seines Produktes zu informieren.

Sie enthalten auch Angaben zur Häufigkeit, die sich an der "Summary Product Characterisation (SPC)-Guideline" orientieren und folgende Einteilung vorsehen:

SPC-Guideline

  • very common: > 10% - sehr häufig
  • common: 1% - 10% häufig
  • uncommon: 0,1% - 1% gelegentlich
  • rare: 0,01% - 0,1% selten
  • very rare: < 0,01% sehr selten

"very rare - sehr selten" schließt Einzelfälle mit ein.

Bei der Übersicht der einzelnen Impfungen sind nur solche UAR erwähnt, die eine besondere Bedeutung in der Reisemedizin haben. Der Impfarzt sollte sich immer anhand der Gebrauchsinformation des verwendeten Präparates und der einschlägigen STIKO-Hinweise über mögliche Nebenwirkungen und Inhaltsstoffe informieren; ihre vollständige Auflistung ist im Rahmen dieser Information ist nicht möglich. Gleiches gilt auch für Kontraindikationen und Wechselwirkungen, die in jedem Fall zu beachten sind. Bei akuten, behandlungsbedürftigen Erkrankungen sollte generell frühestens 2 Wochen nach der Genesung geimpft werden; ggf. ist eine Risikoabwägung erforderlich.

Aufklärung

Vor Durchführung einer Impfung hat der Arzt die Pflicht, den Impfling bzw. Sor- geberechtigten über die zu verhütende Krankheit und die Therapiemöglichkeiten sowie über die Impfung (Impfstoff, Impfweise, Dauer des Schutzes, Wiederholungsimp- fungen, Verhalten nach Impfung sowie Nutzen und Risiko) aufzuklären. Das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten von 2013 ist dabei zu beachten. Die Aufklärung muss mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Aus- bildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält. Die Aufklärung hat so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann und so, dass sie für ihn verständlich ist. Sie ist durch den Impfarzt in den Patienten- unterlagen zu dokumentieren. Wird ein entsprechendes Merkblatt benutzt, sollte dies in der Dokumentation erwähnt werden. In jedem Fall ist dem Impfling bzw. Sorgeberechtigten Gelegenheit für gezielte Nachfragen zu geben. Bei Verwendung eines in Deutschland nicht zugelassenen Impfstoffes bzw. einer Indikationserweiterung eines zugelassenen Impfstoffes ist die Aufklärung besonders wichtig. In der Regel basiert die Nicht-Zulassung auf formalen bzw. wirtschaftlichen und nicht auf medizinischen Gründen; entsprechende Ängste sind abzubauen. Auf den Wegfall der Produkthaftung durch den Hersteller ist hinzuweisen. Hierfür ist die Schriftform ratsam. Siehe auch Hinweise zu Impfungen für Ärzte.

Dokumentation

Nach § 22 des Infektionsschutzgesetzes müssen alle durchgeführten Impfungen mit Datum, Bezeichnung (Handelsname) und Chargennummer des Impfstoffs, Name der Krankheit, gegen die geimpft wird, in einem Impfausweis dokumentiert und mit Namen, Anschrift (Stempel) und Unterschrift des impfenden Arztes versehen werden. Nach Möglichkeit sollten alle Impfungen in einem Impfbuch eingetragen werden, das ggf. im internationalen Reiseverkehr anerkannt wird. Das trifft auf das in Deutschland üblicherweise verwendete gelbe Heft im A6-Format "Internationale Bescheinigungen über Impfungen und Impfbuch" zu. Es kann u.a. bezogen werden über das Deutsche Grünes Kreuz, Biegenstr. 6, 35037 Marburg

Seit Inkrafttreten der Internationalen Gesundheitsbestimmungen am 15.07.2007 ist darauf zu achten, dass die bisher für Gelbfieber vorgesehene Seite der aktuellen Form ("International certificate of vaccination or prophylaxis") entspricht und vollständig und korrekt ausgefüllt wird. Hier werden neben Gelbfieber auch weitere, entsprechend den Internationalen Gesundheitsvorschriften im internationalen Reiseverkehr notwendige Impfungen und prophylaxemaßnahmen eingetragen (z.B. Poliomyelitis)

Impfungen können von jedem niedergelassenen Arzt vorgenommen werden. Einzige Ausnahme ist die Impfung gegen Gelbfieber, die zur Gültigkeit im internationalen Reiseverkehr nur von einem Arzt oder einer Impfstelle mit staatlicher Zulassung dokumentiert werden darf.