Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V.
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Tropenmedizin, Reisemedizin
und Globale Gesundheit e.V.
 
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Typhus ist eine fäkal-oral übertragene fieberhafte Allgemeininfektion. Zur Epidemiologie siehe DTG-Empfehlungen zu Reiseimpfungen, DTG-Homepage, Downlaod-Box). Die Inkubationszeit ist mit 1–6 Wochen relativ lang. Es ist zu beachten, dass die Inzidenz in der einheimischen Bevölkerung nicht mit dem Risiko für Reisende gleichzusetzen ist (s. u.).

2019 traten weltweit rund 9,2 Mio. Fälle an Typhus mit rund 110 000 Todesfällen auf [68].

Im internationalen Reiseverkehr werden die meisten Typhusinfektionen in Südasien erworben. Dies spiegelt sich auch in Deutschland jedes Jahr bei den importierten Typhusinfektionen wider. 2019, vor der Coronapandemie, wurden 82 Typhus- und 30 Paratyphusfälle importiert. 78 % der importierten Typhusfälle mit Nennung des Herkunftslands kamen aus Asien. Die 3 am häufigsten genannten nichtdeutschen Infektionsländer waren Pakistan (36 %), Indien (28 %) und Mexiko (7 %) [69]. Zugleich entwickeln sich in Südasien Salmonella-Typhi-Stämme mit extensiver Antibiotikaresistenz (XDR) [70–72]. XDR-Stämme sind gemäß WHO-Definition resistent gegenüber Chloramphenicol, Ampicillin, Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Fluorchinolonen und Drittgererations-Cephalosporinen. Auch in Afrika gibt es zunehmende Antibiotikaresistenz bei S. Typhi-Stämmen.

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Indikationen

  • Reisen in Länder Süd- und Zentralasiens (Indien, Nepal, Pakistan, Bangladesch, Afghanistan) unabhängig von Reisestil und Reisedauer
  • Langzeitaufenthalte in endemischen Gebieten (▶ 10), insbesondere bei einfachen Aufenthaltsbedingungen (z. B. Bundesfreiwilligendienst, „weltwärts“, Rucksackreisen)
  • Reisen unter einfachen Reise-, Aufenthalts- bzw. Arbeitsbedingungen (z. B. Trekking, Hilfseinsätze) in endemischen Gebieten in Asien, Afrika und Mittel- und Südamerika mit niedrigen Hygienestandards, speziell auch bei aktuellen Ausbrüchen und Katastrophen, und bei zu erwartender hygienisch unsicherer Wasser- und Nahrungsmittelversorgung

Impfstoffe

Totimpfstoff: Vi-Kapselpolysaccharid von Salmonella Typhi (enthalten in Typhim Vi und in ViATIM; bei letzterem handelt es sich um eine Kombination mit einem Hepatitis-A-Impfstoff).

Lebendimpfstoff: apathogene Salmonella Typhi (Typhoral L). Dem Impfstamm Ty21a fehlt das Vi-Kapselpolysaccharid als Virulenzfaktor. Der Stamm weist zudem eine galE-Mutation auf, die irreversible Veränderungen in der Biosynthese der Zellwand verursacht. Diese begrenzt die Replikation in vivo infolge einer Akkumulation toxischer Metaboliten, die zur Lyse der Bakterienzelle führt.

Applikation

  • Totimpfstoff: 1 × 0,5 ml i. m. (ab vollendetem zweitem Lebensjahr)
  • Lebendimpfstoff: je eine Kapsel oral an den Tagen 1, 3 und 5, jeweils nüchtern mindestens eine Stunde vor einer Mahlzeit (ab 5 Jahren)

Wirksamkeit

  • Mäßige Wirksamkeit, ca. 50–70 %.
  • Keine Wirksamkeit gegen Enteritissalmonellen.
  • Der orale Lebendimpfstoff induziert einen ca. 50-prozentigen Schutz gegen Paratyphus B, nicht jedoch gegen Paratyphus A.
  • Vi-Antigen-basierte Totimpfstoffe schützen nicht gegen Paratyphus A und B, da diese Vi-negativ sind.

Wiederimpfung

Bei anhaltendem Risiko spätestens nach 2–3 Jahren. (Die STIKO empfiehlt eine Wiederimpfung mit dem oralen Typhusimpfstoff bereits nach einem Jahr; dies entspricht nicht den Angaben in der Fachinformation).

Beim oralen Lebendimpfstoff besteht eine Wiederimpfung, wie die Erstimpfung, in der Einnahme von 3 Kapseln an den Tagen 1, 3 und 5.

Spezielle Kontraindikationen

Immundefizienz (nur für Lebendimpfstoffe).

Anmerkungen

  • Unmittelbar vor, während und 3 Tage nach der Impfung mit dem oralen Lebendimpfstoff sollten möglichst keine Antibiotika gegeben werden, weil diese die in der Lebendvakzine enthaltenen Salmonellen am Wachstum hindern und damit die Immunantwort gefährden könnten. Bei Antibiotika mit Langzeitwirkung (z. B. Azithromycin) sollte die Einhaltung eines längeren zeitlichen Abstands in Betracht gezogen werden.
  • Bei den Medikamenten zur Malariaprophylaxe kann Atovaquon/Proguanil gleichzeitig zu Typhoral L gegeben werden [73]; zu Mefloquin sollte ein Abstand von mindestens 12 Stunden eingehalten werden; bei Doxycyclin sollte, wie bei anderen Antibiotika auch, ein Abstand von 3 Tagen zwischen Impfung und Einnahme bestehen [74]. Abführmittel sind während des Impfzeitraums zu vermeiden.
  • Gemäß Fachinformation kann Typhoral L gleichzeitig mit anderen Lebendimpfstoffen, wie dem Gelbfieberimpfstoff, dem Choleralebendimpfstoff CVD 103-HgR und dem oralem Polioimpfstoff, angewendet werden.
  • In Indien, Pakistan und Nepal sowie einer zunehmenden Zahl an Hochprävalenzländern in Asien und Afrika sind Typhuskonjugatimpfstoffe (Typbar TCV, THYPHIBEV) zugelassen und bereits Teil der Standardimpfprogramme für Kinder. Konjugatimpfstoffe dürfen bereits ab 6 Lebensmonaten verabreicht werden; die Wirksamkeit dieser Vakzine wird mit 80–95 % angegeben [68].