Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V.
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Tropenmedizin, Reisemedizin
und Globale Gesundheit e.V.
 
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Gelbfieber ist eine Arbovirusinfektion, die in Afrika und Lateinamerika endemisch ist (▶Abb. 3, 4). Asien ist gelbfieberfrei. Die Inkubationszeit liegt bei 3–6 Tagen. Klinisch manifestes Gelbfieber verläuft, wie viele Flavivirusinfektionen, biphasisch: Zunächst kommt es zu einer unspezifischen grippalen Symptomatik, im weiteren Verlauf können dann nach kurzer Remission ein Ikterus, Blutungen, Schock und Multiorganversagen auftreten. Die Letalität liegt dann bei 20–60 % [25]. Eine spezifische Therapie ist nicht verfügbar.

Das Gelbfieberrisiko wird für eine 2-wöchige Reise nach Westafrika auf ca. 50:100 000 ungeimpfte Reisende geschätzt, für Südamerika auf 5:100 000 [26]. Bei Reisen in Ausbruchsgebiete kann das Risiko deutlich höher liegen. In manchen Regionen unterliegt die Gelbfiebertransmission zudem einer deutlichen Saisonalität. In Brasilien z. B. findet die Hauptübertragung zwischen Dezember und Mai statt.

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Gelbfieberverbreitungsgebiete in Afrika, WHO 2015: http://gamapserver.who.int/mapLibrary/Files/Maps/ITH_YF_vaccination_africa.png

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Gelbfieberverbreitungsgebiete in Südamerika, WHO 2018:  https://www.who.int/ith/yf-vaccination-30April2018.png

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Indikationen

Neben dem Individualschutz des Reisenden bei Aufenthalt in Gelbfieberverbreitungsgebieten spielt der Schutz der öffentlichen Gesundheit eine Rolle: Vorschriften bei Ein- oder Weiterreise aus Verbreitungsgebieten sollen Länder mit Übertragungspotenzial vor Eintragung von Gelbfieber schützen. Dies ist bis maximal 6 Tage (längste Inkubationszeit von Gelbfieber) nach Verlassen eines Verbreitungsgebiets begründet.

Bei einem Flughafentransit < 12 Stunden in einem gelbfieberendemischen Land verlangen die meisten Länder bei anschließender Einreise keinen Gelbfieberimpfnachweis. Dies muss jedoch entsprechend dem Reiseverlauf im Einzelfall geprüft werden. Aktuelle Einreisevorschriften mit Hinweisen zur Gelbfieberimpfung finden sich z. B. auf der Internetseite der International Air Transport Association (IATA) sowie in den aktuellen Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amts; hilfreich sind auch die online fortlaufend aktualisierten Länderhinweise der DTG-STIKO-AG und in der STIKO-App (s. o.).

Die Impfung sollte nur bei einer konkreten Indikation und nach individueller Nutzenabwägung gegeben werden. In der Regel ist das Infektionsrisiko in Verbreitungsgebieten größer als das Impfrisiko.

Impfstoff

Lebendimpfstoff; attenuiertes Gelbfiebervirus Stamm 17D-204; gezüchtet in embryonierten Hühnereiern.

Applikation

1 × 0,5 ml bevorzugt subkutan, alternativ intramuskulär; hohe Wirksamkeit. Schutzbeginn ca. 10 Tage nach der Impfung. Der Eintrag im Impfausweis für den internationalen Grenzübertritt darf nur in staatlich zugelassenen Gelbfieberimpfstellen erfolgen.

Wiederimpfung

Seit August 2022 wird in Deutschland eine einmalige Auffrischung der Gelbfieberimpfung bei erneuter oder fortgesetzter Exposition empfohlen.

Bei den meisten Personen erfolgt die einmalige Auffrischimpfung frühestens nach 10 Jahren, sofern eine erneute oder fortgesetzte Gelbfieberexposition vorliegt. Für Ausnahmen und Besonderheiten s. ▶Tabelle 1.

Die neue Empfehlung basiert auf den Ergebnissen eines systematischen Reviews mit Metaanalyse zur Dauer der Schutzwirkung nach einer oder mehreren GF-Impfstoffdosen. Die Daten der ausgewerteten Studien lassen gemäß der Analyse nicht sicher auf eine lebenslange Immunität nach Gabe von nur einer Impfstoffdosis schließen.

Die International Health Regulations (IHR), auf denen die Einreisebestimmungen basieren, bleiben unverändert und sehen weiterhin nur eine Gelbfieberimpfung im Leben vor. Das internationale Impfzertifikat ist demzufolge nach einmaliger Impfung lebenslang gültig.

▶Tab. 1           Empfehlung zur Auffrischimpfung gegen Gelbfieber für besondere Personengruppen [27].

Erste Gelbfieberimpfung

Zeitpunkt Auffrischimpfung gegen Gelbfieber (vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition)

Alter <2 Jahre

Nach ≥5 Jahren

Schwangerschaft

Unabhängig von der Länge des zeitlichen Abstands zur Erstimpfung1

Immundefizienz2

Unabhängig von der Länge des zeitlichen Abstands zur Erstimpfung1

1 Mindestabstand 28 Tage

2 Sofern Impfung nicht kontraindiziert ist, s. Text und ▶Tab. 13

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen:

  • Alter < 6 Monate
  • Stillende Mutter, solange der Säugling < 6 Monate alt
  • Bestätigte Hühnereiweißallergie
  • Schwere Unverträglichkeit vorangegangener Gelbfieberimpfungen
  • Symptomatische HIV-Infektion oder HIV-Infektion mit CD4 < 200/µl (bei Kindern < 6 Jahre gelten andere Grenzwerte) oder bei nicht supprimierter HI-Viruslast, s. ▶Tabelle 12
  • Immundefizienz (kongenital, erworben, idiopathisch oder therapeutisch), s. ▶Tabelle 13
  • Thymuserkrankungen inkl. Thymom und Myasthenia gravis; Thymektomie [28]
  • Fortgeschrittene maligne Erkrankungen
  • Schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkungen nach Gelbfieberimpfung bei Verwandten 1. Grades [12]

Relative Kontraindikationen (nur nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung):

  • Schwangerschaft
  • Alter 6–9 Monate
  • Stillende Mutter bei einem Säugling von 6–9 Monaten
  • Alter ≥ 60 Jahre (Erstimpfung)

Nebenwirkungen

Bei ca. 5–15 % der Geimpften kommt es zu lokalen Reaktionen oder zumeist milden systemischen Nebenwirkungen wie Fieber, Myalgie und Asthenie (typischerweise etwas verzögert, nach 3–7 Tagen) [29].

Schwere anaphylaktische Reaktionen treten zu ca. 1–10 auf 1 Mio. verabreichte Impfstoffdosen auf, vergleichbar mit anderen Impfstoffen.

Zu erwähnen sind 2 seltene, jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen: die gelbfieberassoziierte viszerale Erkrankung (von engl. „Yellow Fever Associated Viscerotropic Disease“, YEL-AVD, s. u.) und die gelbfieberassoziierte neurologische Erkrankung (von engl. „Yellow Fever Associated Neurotropic Disease“, YEL-AND). Beide treten nahezu ausschließlich im Rahmen einer Erstimpfung auf.

Die gelbfieberassoziierte viszerale Erkrankung ähnelt klinisch einer Gelbfieberinfektion und hat eine vergleichbare Letalität von ca. 50–60 %. Sie tritt innerhalb von 7–10 Tagen nach Impfung auf. Die Häufigkeit wird mit ca. 0,3 pro 100 000 Impfungen angegeben. Als Ursache werden immunmodulierende Wirtsfaktoren angenommen. Das Risiko steigt im höheren Lebensalter an.

Neurologische Nebenwirkungen treten bei ca. 0,4–0,8 pro 100 000 Impfungen auf und manifestieren sich in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach der Erstimpfung. Das klinische Spektrum ist breit und umfasst (Meningo-)Enzephalitis, Myelitis, Guillain-Barré-Syndrom, Optikusneuritis und akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM). Bei Kindern < 6 Monate wurden gehäuft Enzephalitiden beobachtet, weswegen die Gelbfieberimpfung in dieser Altersgruppe absolut kontraindiziert ist.

Säuglinge und Kleinkinder

Kinder können erst ab einem Alter von 6 Lebensmonaten gegen Gelbfieber geimpft werden. Bis zum Alter von 9 Monaten besteht eine relative Kontraindikation, d. h. bei unaufschiebbarer Reise mit relevantem Expositionsrisiko ist eine Gelbfieberimpfung möglich.

Werden Kinder vor dem zweiten Geburtstag gegen Gelbfieber geimpft, wird eine Auffrischimpfung bereits nach 5 Jahren empfohlen, wenn ein fortgesetztes oder erneutes Gelbfieberrisiko besteht (▶Tab. 1).

Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft: Die Impfung ist relativ kontraindiziert; die Gabe soll nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, d. h. wenn eine Reise in ein Ausbruchsgebiet unvermeidlich ist. Wurde die Erstimpfung in der Schwangerschaft verabreicht, so sollte nach der Schwangerschaft vor erneuter oder bei fortgesetzter Exposition eine Auffrischimpfung erfolgen (▶Tab. 1).

Stillzeit: Da das Impfvirus in seltenen Fällen über die Muttermilch übertragen wird, ist die Impfung kontraindiziert, bis das gestillte Kind 6 Monate alt ist. Im Alter von 6–9 Monaten gilt eine Einzelfallentscheidung. Ab einem Säuglingsalter von 9 Monaten können sowohl die stillende Mutter als auch das Kind geimpft werden; eine mögliche Übertragung von Impfviren über die Muttermilch allein gewährleistet keine sichere Immunität

Ältere Reisende

Aufgrund sehr seltener, aber z. T. schwerer Nebenwirkungen besteht bei Erstimpfung in Alter von > 60 Jahren eine relative Kontraindikation, d. h. der Reisende soll nur dann geimpft werden, wenn aufgrund des Reiseziels und der Reisedauer ein relevantes Infektionsrisiko besteht. Bei ausschließlich formaler Indikation, wenn z. B. eine Gelbfieberimpfung aufgrund von Einreisebestimmungen verlangt wird, sollte ein Impfbefreiungszeugnis ausgestellt werden. Für Auffrischimpfungen gilt keine Altersbeschränkung, da schwerwiegende Nebenwirkungen nahezu ausschließlich im Rahmen von Erstimpfungen beobachtet werden.

Immundefizienz

Bei Vorliegen einer Immundefizienz ist zunächst zu klären, ob grundsätzlich eine Gelbfieberimpfung verabreicht werden kann. Eine Entscheidungshilfe für therapeutisch immunsupprimierte Reisende liefert ▶Tabelle 13.

Personen, die zum Zeitpunkt der ersten Impfstoffdosis gegen Gelbfieber eine Immundefizienz haben, sollen vor erneuter Exposition und bei fehlender Kontraindikation eine weitere Impfstoffdosis erhalten [27] (▶Tab. 1). Der Abstand zur ersten Gelbfieberimpfung soll mindestens 28 Tage betragen.

Eine serologische Kontrolle vor oder nach der zweiten Impfstoffdosis ist bei immundefizienten Personen nicht generell erforderlich, kann aber in Einzelfällen sinnvoll sein.

Zusätzliche Hinweise und Empfehlungen

  • Juristisch geprüfte Aufklärungsbogen zur Gelbfieberimpfung in mehreren Sprachen sind auf der Homepage der DTG zu finden und wurden an die geänderten Empfehlungen angepasst [30].
  • Die Impfung darf nur in einer von den Gesundheitsbehörden der Länder zugelassenen Gelbfieberimpfstelle durchgeführt und dokumentiert werden.
  • Das internationale Zertifikat für eine Gelbfieberimpfung im Rahmen der International Health Regulations (IHR) der WHO ist lebenslang gültig. Dies betrifft bereits ausgestellte und neue Gelbfieber­impfzertifikate. Ein Eintrag in den Impfausweis, der lebenslange Gültigkeit gemäß IGV bescheinigt, wird mit folgender WHO-Formulierung empfohlen: (valid for) „life of the person vaccinated“.
  • Neben Impfvorschriften zur Einreise in bestimmte Länder ist für viele Reedereien der Nachweis einer gültigen Gelbfieberimpfung für Seeleute und Reedereiinspektoren Voraussetzung für den Einsatz im globalen Schiffsverkehr. Auch für Passagiere kann die Reederei den Nachweis einer Gelbfieberimpfung verlangen.

Impfbefreiungszertifikat

Bei Vorliegen von Kontraindikationen besteht die Möglichkeit einer ärztlichen Impfbefreiung. Diese soll zeitlich beschränkt werden, da Kontraindikationen wegfallen können oder eventuell neue Reisen unternommen werden, bei denen die Nutzen-Risiko-Abwägung einer Gelbfieberimpfung neu vorgenommen werden muss (z. B. „the above named person should be temporarily exempted from the yellow fever vaccination requirement on medical grounds“).

Die Impfbefreiung wird durch eine Gelbfieberimpfstelle ausgestellt. Länder, für die Impfpflicht besteht, sind formal zur Anerkennung dieses Zertifikats jedoch nicht verpflichtet.