Zertifikat Flüchtlingsmedizin
Allgemeines
Vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland ergibt sich die Herausforderung, die medizinische Versorgung dieser Menschen adäquat zu organisieren. Für die beteiligten Ärzte ergibt sich die Notwendigkeit sich mit speziellen medizinischen Fragestellungen zu befassen, die sonst im medizinischen Alltag in Deutschland keine große Rolle spielen. Zu berücksichtigen sind ein anderes Krankheitsspektrum je nach Herkunftsland und ein anderer kultureller Hintergrund, der sich auf das Kranksein auswirkt. In diesem Bereich haben Tropenmediziner Erfahrung und können Empfehlungen geben. Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) hat daher ein Curriculum für einen Kurs zur Flüchtlingsmedizin entwickelt. Die DTG hofft, dass tropenmedizinische Institutionen diesen Kurs anbieten für Mediziner, die z.B. als niedergelassene Kollegen oder als Ärzte in Gesundheitsämtern an der medizinischen Versorgung dieser Menschen beteiligt sind. Die DTG ist sich darüber im Klaren, dass in einem solchen Grundkurs nur ein kleiner Teil der „Migrantenmedizin“ abgedeckt werden kann, es geht um grundlegende Empfehlungen zur medizinischen Versorgung von Asylbewerben und Flüchtlingen.
Durchführung der Kurse
Der Zeitrahmen beträgt mindestens 16 Unterrichtsstunden à 45 Minuten, also im Allgemeinen zwei Tage. Die Zuordnung der Stundenzahl zu den einzelnen Themen (s.u.) ist in vertretbaren Grenzen variabel, eine Umstrukturierung mit anderer Gewichtung ist dadurch möglich. Der DTG-Kurs besteht grundsätzlich aus vier Modulen, die in beliebiger Reihenfolge und in beliebigen Zeitabständen absolviert werden müssen. Voraussetzung für die Teilnahme: Approbation als Arzt Unterrichtsform: Referate mit Möglichkeit zur Diskussion im vorgegebenen Zeitrahmen; den Teilnehmern muss eine Arbeitsmappe mit Gliederung und den wichtigsten Basisdaten der Lehrinhalte zur Verfügung gestellt werden. Abschluss: Bei nachgewiesener Teilnahme am gesamten Kurs wird DTG-Zertifikat „Flüchtlingsmedizin“ ausgestellt. Das Zertifikat berechtigt zur Aufnahme in eine Liste "Ärzte mit DTG-Zertifikat Flüchtlingsmedizin", die von der DTG geführt und ggf. Interessenten zur Verfügung gestellt wird. Eine Abschlussprüfung wird nicht verlangt.
Kursinhalte
1. Modul: Migration
z.B. Migration allgemein. Aktuelle Daten zu Migranten bzw. Asylsuchenden in Deutschland. Gegenwärtige Rechtslage. Medizinische Geographie der wichtigsten Herkunftsländer
2. Modul: Kulturelle Einflüsse / Kommunikation / psychologische Probleme
z.B. Unterschiedliche Krankheitskonzepte. Umgang mit Krankheit und Behinderung in anderen Kulturen. Interkulturelle Kommunikation. Traumatisierte Patienten
3. Modul: Krankheiten
z.B. Infektionen. Non-communicable diseases. Gynäkologische Besonderheiten
4. Modul: Screening / Prävention
z.B. Screening-Empfehlungen. Impfungen bei Asylsuchenden. Besonders vulnerable Gruppen (z.B. unbegleitete minderjährige Flüchtlinge / Papierlose)
Anerkennung von Kursen
Anbieter von Kursen können beim Schriftführer der DTG schriftlich den Antrag stellen, ihren Kursus als geeignet zur Erlangung des DTG-Zertifikats „Flüchtlingsmedizin“ anzuerkennen. Der Schriftführer prüft, ob die formalen Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dieses der Fall, leitet der Schriftführer den Antrag an die Mitglieder des Ausschusses "Migratenmedizin" weiter. Die Mitglieder des Ausschusses "Migratenmedizin" der DTG prüfen, ob der Kursus zur Erlangung des DTG-Zertifikats geeignet ist. Werden von einem Anbieter regelmäßig Kurse angeboten, gilt die Anerkennung für diese Kurse für die Dauer von jeweils drei Jahren und muss dann neu beantragt werden. Der Schriftführer der DTG erstellt eine Liste derjenigen Kurse von privaten oder nicht-privaten Anbietern, die anerkannt sind, und veröffentlicht diese Liste auf der Homepage der DTG sowie regelmäßig in den Mitgliederrundschreiben und an anderen geeigneten Stellen. Der Antrag für Grundkurse muss folgende Angaben enthalten:
• Ort und Zeitpunkt des Kursus
• Referentenliste
• Stundenplan
• Schriftliches Unterrichtsmaterial (kann nachgereicht werden)
Aktuelle Kurse:
18.4.2018, 16.5.2018, und 9.6.2018, Tübingen
Seminar: Bedarfe von Migranten erkennen: "Interprofessionelle und praxisnahe Fortbildungen zum interkulturellen Umgang mit Gesundheit und Krankheit“
Kurs berechtigt zum Erhalt des DTG-Zertifikates "Flüchtlingsmedizin"
Difäm-Homepage: http://www.difaem.de/fachangebote/seminare/
Anbietende: Difäm, Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus, Institut für Allgemeinmedizin des UKT
Zielgruppe: (Haus-)Ärzte/innen, Arzthelfer/innen und andere Gesundheits-Berufe, Ehrenamtliche, Übersetzende
Inhalte:
Block 1: Einführung
- Aktuelle Daten zu Migration allgemein
- Interkulturelle Kompetenz
- Rechtslage
- Medizinische Versorgung
- Medizinische Geographie der Herkunftsländer
Block 2: Medizinische Themen - Übertragbare Erkrankungen (HIV, TB, u.a.)
- Weitere wichtige Erkrankungen (NCD, PTBS u.a.)
- Gynäkologie und Geburtshilfe
- Impfungen und andere Bereiche der Prävention
Block 3 und 4: Kulturelle Themen - Traumatisierung und psychologische Probleme
- Rollenverständnis
- Gesundheitssysteme/Erwartungen
- Interkulturelle Kommunikation
- Krankheitskonzepte und Umgang mit Krankheit/Behinderung
Termine: Block 1 Mittwoch den 18. April 2018 17:30 – 21:30 Uhr
Block 2 Mittwoch den 16.Mai 2018 17:30 – 21:30 Uhr
Block 3 und 4 Samstag den 09. Juni 2018, 08:30 - 17:00 Uhr
Ort: Gästehaus Albblick, Paul-Lechler-Str. 20, 72076 Tübingen